Praxislizenz Ilona Schließmann
Sitzungsbeispiel 3 ,,Vater“ (Klientin 2)
Die Klientin erscheint nach mehrwöchiger Pause wieder. Während sie sich
im Verlauf der letzten Wochen gut fühlte, deshalb keinen ,,Sitzungsbedarf“
hatte, spürt sie seit Tagen eine aufkeimende Wut in Verbindung mit Traurigkeit
in sich.
Ausschlaggebend war ein Actionfilm, in dessen Verlauf ihr durch einen Darsteller
die Brutalität ihres Vaters gespiegelt wurde. Herzbeschwerden direkt nach
dem Film beunruhigten sie, sodass sie um einen Sitzungstermin bat.
Während des Vorgesprächs sind alle Gefühle (Wut Traurigkeit) präsent.
Ermuntere sie, die Gefühle auszudrücken. Daraufhin weint die Klientin.
Im Verlauf des Gespräches verschwinden die Gefühle nach und nach, sodass
wir mit der Körperübung ,,Beckenschlagen“ direkt (ohne Entspannungstext)
in die Sitzung einsteigen. Klientin kommt sofort in ihre Bilder, wobei die Traurigkeit
als erstes erscheint.
(Klientin liegt fast bewegungslos und weint.)
Th: Ja, spür mal, was da ist, und atme. Atme unterstützend mit....
Kl: (gleichgültig) Nichts, nur Trauer.
Th: Ja genau. Es ist Trauer da.
Sie geht mit der Traurigkeit in Kontakt, lässt sich deren Herkunft zeigen.
Daraufhin stockt ihr der Atem. Sie sieht sich in ihrer Innenwelt panisch davonrennen,
als ob jemand hinter ihr her wäre.
Th: Spür mal, du läufst und läufst. Spür mal, das Gefühl,
diese Panik in dir. Wo nimmst du es wahr?
(Pause)
(Spiele währenddessen CD ,,Prozessarbeit“ Nr.17 zur Unterstützung
ein).
Gefühle brechen auf, die Klientin weint heftig. Ermuntere sie, die Gefühle
auszudrücken.
Kl: Ich hab das Gefühl, da ist etwas ganz großes dunkles, und das macht
mit mir was es will. Es steht über mir, schleudert mich durch die Luft und
,,batsch“ wieder runter.
Atme mit der Klientin tief ein und aus (währenddessen Prozessarbeit im Hintergrund)
Th: Ja, ja, genau, super ja. Und atme tief, ja. Hm. Und geh mal in Kontakt mit
ihm, der mit dir macht was er will, oder spür mal, wie es sich für dich
anfühlt.(Halte sie in Kontakt mit dem Energiebild, welches mit dem Gefühl
Panik gekoppelt ist)
Kl: Der Kopf fühlt sich leer, und da ist irgendetwas, dass nimmt mir die
Luft.
Th: Ja spür mal, was dir da die Luft nimmt.
Kl: Es drückt irgendwas.
Th: Ja sprich es mal an das ,,Irgendwas“. Spür mal, was dir die Luft
nimmt. Es soll mal auftauchen und sich zeigen.
(Die Klientin nimmt zeitweise keine Bilder mehr wahr, verlässt sich auf ihre
Körperwahrnehmung und hat jetzt das Gefühl, es liegt jemand auf ihr
und drückt auf sie ein. Sie soll ihn ansprechen, diesen jemand.)
(Lange Pause)
Kl: Ich weiß nicht. Die da liegt (Klientin fühlt sich nicht identisch)
ist noch nicht so alt wie ich jetzt bin. (lachend / lenkt ab) Ich schätze
die ist 10 oder 12 Jahre alt und (an die direkte Ansprache erinnernd) Du wehrst
dich gegen das was da drückt. Ich habe das Gefühl die Gestalt ist über
mir und die Kleine drückt dagegen.
(In dieser Situation empfindet die Klientin Herzdrücken. Ein ähnlicher
Körperausdruck hat sich im realen Leben in Bezug auf eine Gewaltszene in
einem Film, die sie an die Brutalität ihres Vaters erinnerte, gezeigt)
Die Gestalt in ihrer Innenwelt nimmt sie auf Symbolebene als bösartigen Dämon
mit Fratze und Kraft ohne Ende wahr. Sie wehrt sich in der Innenwelt, wobei die
Arme mit Schwere reagieren.
Th: Ja, spür mal, wie du das machst, wie du dich wehrst.
(Hintergrundmusik Prozessarbeit.)
Kl: (lachend) Ich hab das Gefühl ich geh im an die Gurgel.
Th: (auffordernd) Ohja, geh ihm mal an die Gurgel.
(Halte der Klientin im Außen auffordernd ein Sitzkissen, welches als Ersatz
für die Innenweltgestalt stehen soll, entgegen, mit der Aufforderung ,,Spür
mal, wie es sich anfühlt und pack in mal und guck ihn mal an.“ Somit
findet eine direkte Konfrontation auf der Erlebnisebene statt und es kommt mehr
Energie in Gang.)
Daraufhin stemmt sich die Klientin verzweifelt weinend gegen das Kissen.
Th: Und geh in Kontakt, und schau, wie er reagiert. Ja genau, ja, ja, und atme,
ja genau. Wir atmen beide im Rhythmus laut und tief ein und aus.
Sie soll die Kleine anschauen, ihr zeigen, wie es ihr geht.(Indem sie in Kontakt
mit dem Kind geht, fühlt sie sich identisch mit dessen Gefühlen)
Kl: So ganz spontan, die schwarze Gestalt liegt da und die Kleine hüpft triumphierend
auf ihr herum. (lachend) Das tut ihr gut. Sie jubelt.
Sie soll das spüren, wie es ist zu jubeln triumphieren. (Spiele Hintergrundmusik
Vangelis ein).
Währenddessen bleibt die Klientin in Kontakt mit ihrem Inneren Kind, nimmt
dessen Gefühle wahr.
(Spiegele der Klientin, dass es sich hierbei um ihre eigenen verletzten Gefühle
handelt, die sie wahrnimmt. Sie ist tief berührt)
Kurz darauf tun ihr jedoch Hände und Arme weh:
Kl: Aber irgendwas ist noch da, sitzt noch ganz tief in mir drinnen, was nach
oben kommen muss.
Sie spricht das Gefühl an, und umsomehr sie mit ihm in Kontakt geht, umso
schmerzhafter reagieren ihre Arme, ihr wird schwindelig.
(Spiegele ihr die Verbindung des Gefühls zum Körperausdruck Arme und
Schwindel) Die Klientin ist angespannt. Arme und Beine vibrieren. Sie ist bereit
einen Blick auf die abgeworfene Gestalt aus der vorherigen Situation zu werfen.
Kl. Das ist Wahnsinn. Das macht mich ganz schwer.
Sie holt die 12jährige dazu und zeigt ihr die Schwere, den Schwindel und
dass noch ganz viel in ihr drinnen sitzt, worauf die Kleine sie tröstet und
beschützt.
Th: Du kannst auch sagen: ,,Du, ich hab das Gefühl, du willst mich beschützen.
Und spür mal, vor was sie dich beschützen will.
Kl: Da ist immer noch die schwarze Gestalt und die Kleine hilft mir die Abzuwenden.
Die Kleine wendet das Böse ab. Sie ist liebevoll und streichelt die Große.
(Streiche der Klientin zum Verstärken des Gefühls sanft über die
Stirn, während sie in Kontakt mit der Kleinen ist, ihr in die Augen schaut
Die schwarze Gestalt ist immer noch da, das Energiebild also noch nicht vollständig
gekippt). Die Klientin nimmt das folgendermaßen wahr:
Kl: Und trotzdem ist noch was in mir drinnen, was raus will. Ich kann aber nicht
sagen was es ist, aber es tobt in mir.
Th: Zeig das mal der Kleinen (deine Mitte), was da tobt.
Kl. Das ist wie ein Vulkan, der am Toben ist und die Hände haben das zugedeckt.
Klientin hält den Atem an. Es ist ganz schlimm.
Th: Ja spür das mal und drück die Gefühle aus, der Körperausdruck
ist echt... und atme, ja genau hm. Und sag der 12jährigen mal, wie schlimm
das für dich ist.
Die Klientin atmet unregelmäßig ist aufgeregt.
Th: Ja genau und bleib bei dir, ja genau und atme, ja,ja .
Sie atmet tief und gleichmäßig, worauf Gefühle aufbrechen.
Th:...und lass kommen, atme, ja, ja, super, lass die Gefühle kommen und bleib
bei dir ja,ja. Super machst du das und zeig dich.
Kl: (berührt) Es ist so, als wird mir alles verziehen, als hätte ich
keine Gewalt mehr.
Während sie nachspürt, was da abfließt, mit dem Gefühl in
Kontakt bleibt, verspürt die Klientin eine Lähmung.
Kl: (weinend) Mein Gott. Ich würde am liebsten mal ganz laut schreien, aber
ich kann nicht. Sie zeigt das der Kleinen, und verspürt plötzlich eine
Kraft in ihren Händen wie ,,brodelndes Wasser“.
Kl: (erstaunt) Das ist Wahnsinn. Von meiner Mitte geht etwas aus .Sie geht mit
ihren Händen in Kontakt mit ihrer Mitte, nimmt die Kraft in sich wahr.
(Lasse die Klientin im Gefühl verweilen und spiele leise Hintergrundmusik
zum Unterstützen dieser Qualität ein. Sie schenkt der Klientin Vertrauen,
stärkt sie beim Weitergehen. Des Weiteren ermuntere ich die Klientin ihre
Hände überall da aufzulegen, wo sie liegen möchten. Sie tut das,
atmet dabei vorsichtig.)
(Lange Pause)
Eine tiefe Traurigkeit zeigt sich. Die Klientin weint, bewegt suchend die Hände,
nimmt sie mit in ihre Innenwelt. Dort halten sie die kleine 12jährige wobei
die Klientin ein angenehmes Strahlen wahrnimmt.
Kl: (lachend) Da ist die Sonne und deine Strahlen kommen auf mich herunter. Da
ist ein Feld wo das Böse hoch geht, und das Gute fließt in meine Mitte
hinein. Das was mich traurig macht ist mein Papa (sie benennt das Thema).
Sie spricht ihn laut und mutig an: Du bist da und ich hab dich verprügelt
ich bin zornig auf dich und ich hab dir in die ,,Fresse“ geschlagen.
Th: Ohja und guck mal, wie er reagiert.
Klientin weint.
Th: Ja genau, schön und atme und schau ihn an und zeig dich.
Klientin atmet tief und ist berührt, hält Kontakt mit dem Energiebild
,,Papa“.
Kl: Ich will das Gefühl ins Positive ändern. (Erinnere sie daran, dass
Papa ein Energiebild in ihr ist und für sie dazusein hat.)
Kl: (genervt) Da ist da wieder was drin das sagt ,,Uhaaaaa“.
Th: Lass es mal auftauchen, das ,,Uaaaaaah“.
Kl: Es ist was das sagt ,,Sei nicht kindisch“. (Mustersatz) Papa ich bin
sehr wütend auf dich.
Th: ...und du darfst ihm auch deine Wut zeigen, und schau ihn dabei an.
Kl: (zögernd) Ich will dich umbringen und doch nicht. Und ich hasse dich
abgrundtief und auch nicht. (typischer ambivalenter Gefühlsausdruck)
Ich würde ihm am liebsten die Gurgel rumdrehn.
Th: Ja, probiers aus. Er ist in deiner Innenwelt, da bist du der Chef.
Kl: Ich seh ein Bild, wo ich ihm an die Gurgel gehe und (direkte Ansprache) du
bist so klein. Das macht mich traurig, dass ich so eine Gewalt in mir habe und
wütend, dass du mich so forderst.
Das ist meine Lösung. Diese ganze Wut hab ich nur auf dich, Papa. Papa, ich
bin so wütend auf dich.
(Ermuntere die Klientin ihre Wut im Außen auszudrücken.)
Kl. (ratlos) Ich weiß nicht wie.
Sie soll die Kleine mal fragen, ob die einen Impuls hat. Daraufhin fängt
die Klientin zu weinen an, verspürt den Impuls mit den Händen zuzudrücken.
(Gebe ihr eine Küchenrolle in die Hand, welche sie wütend und mit aller
Kraft zusammendrückt.)
Th: (erhobene Stimme) Ja, super genau. und drück, und drück. Ja, und
spür das mal. (Klientin weint laut und verzweifelt, lässt ihren Schmerz
dasein)
Th: Ja, und zeig dem Papa deinen Schmerz. Ja, genau, ja, ja.
(Atme dabei laut und unterstützend mit.)
Kl: (erstaunt) Wahnsinn! Das ganze unangenehme Gefühl ist weg. Alles ist
zufrieden. Ich fühle mich wie rein und mir zugehörig.
(Sie soll den Satz wiederholen.)
Kl: ...und ich kann mich fühlen und annehmen. Dabei schlingt sie die Arme
liebevoll um ihren Körper. Die kleine 12jährige ist bei ihr.
Th: Ja, spür mal, wie du dich annimmst, nimm das Gefühl wahr und lass
es sich ausbreiten und spür wo es hinfließt. Es ist deine Qualität
in dir.
Kl. Wenn ich es ganz lieblich ausdrücke, so ist in mir komplett eine ganzheitliche
Zufriedenheit, von oben bis unten.
(Spiele Musik CD ,,Songs for the Inner Child“ zum Ankern ein.)
(Durch die direkte Konfrontation mit dem Energiebild ,,Papa“ löst sich
die darin gestaute Energie; die Innenweltfigur verliert ihre Macht und verändert
sich. Die freigesetzte Energie steht der Klientin jetzt zur Verfügung.)
Danach geht es der Klientin viel besser, sie nimmt rasch die Augenbinde weg, will
gehen. Halte sie noch einem Moment zurück.
Test. Sie soll den Vater /Mutter/Kleine noch einmal herholen.
Kl: Es ist OK, die Kleine ist bei ihr.
Th: Wie schauen die aus, wenn du denen in die Augen guckst.
Du kannst den Papa ja fragen, ob es OK ist was du mit ihm gemacht hast. (Klientin
weicht aus.)
Kl. Meine Mutter ist hinterhältig. Sie sagt ihr das, worauf Mama weint. Die
Klientin tröstet sie.
Danach holt sie Papa hinzu, zeigt ihm ihren Körper und wie er sich jetzt
anfühlt. Papa senkt den Kopf und weint. Daraufhin nimmt die Klientin ihren
Papa ebenfalls tröstend in die Arme.
(Auf den Vorschlag hin, Papa und Mama mit in den Alltag zu nehmen, zu testen,
ob sie für ihre Tochter da sind, nimmt die Klientin allerdings keine Bilder
mehr wahr. )
Kl. Ich habe kein Bilder, aber es fühlt sich im Körper harmonisch an.
Sie fühlt wie eine Hitzewelle ihren Körper durchflutet .(Energie ist
freigesetzt worden.)
Kl. Mir ist heiß.
Die Klientin fühlt sich wohl, will nur mit ihrer Kleinen zum Nachruhen einen
schönen Ort zum Kuscheln aufsuchen. Sie entscheidet sich für eine ,,Innenwelthängematte“.
(Hintergrundmusik aus ,,Seelenreise“ CD Manuela.)