Die Geburt des Schlagens
Praxislizenz 4. Sitzungsbeispiel (14. session): vom 30.6.03
Auf meine Frage wie es ihm gehe, berichtet der Klient, dass er auf dem Laufband im Fitness-Club zum ersten mal Lust hatte, die Arme nicht mehr nur am Körper sondern sich spielerisch, schwingend frei bewegen zu lassen. In potentiellen Auseinandersetzungssituation kam immer wieder das Bild: „in der Herzgegend sitzt einer, der an Gitterstäben rüttelt“. Er fühle sich wie ein Hund, der an der Leine zieht, was ein Bild für das Gängelband ist, an das er angeleint sei. Wenn seine Frau über ihre Fälle berichtet, steht ihm „das Wasser bis zum Hals“, ebenso in Sitzungen. Das hat er bisher weggeatmet.
Ergebnisprotokoll, Schlagszene auführlich gedehnt (Lupe), das andere wird gerafft. Es hat mich interessiert, den Prozess des Entladens genauer darzustellen, zumal der Klient bereits 13 Sitzungen hatte und immer vor dem Schlagen zurückgeschreckt ist. (Das lag an mir: erst als ich bei Gabi Oberbauer das Schlagen richtig einsetzte – „Großmutter plattmachen“, gelang in der Sitzung danach bei meinem Klienten der Durchbruch.)
Einstimmung: Tranceinduktion
KL: berichtet, daß seine Tochter gerne Nikolaus spielte, um ihren Eltern zu spiegeln, was diese das Jahr über verbockt hatten. Er bewundert an seiner Tochter ihre Hundertprozentigkeit und würde gerne auch so leben. Stellt Vergleiche mit Borris Becker und Konstantin Wecker an.
Spürt, wie sein Energiepegel sinkt. Die nächsten Minuten sind damit gefüllt, wie bei einem Geburtsvorgang seine Energie zu halten bzw. hervorzuholen. Es gelingt mit einem Schrei.
Danach erlaube ich mir einen kurzen Gang zur Toilette. Als ich von der Toilette zurückkomme, ist er in der Babyenergie und merkt, wie jemand an seinem Wagen rüttelt. Diese Person entpuppt sich als seine Großmutter, bei der seine Eltern damals wohnten und die seine Mutter nach dem Ruetteln scheinheilig fragt, was denn der arme Bub hätte. Großmutters Liebling ist E., die Tochter seines Sohnes aus erster Ehe, aus der sie etwas besonderes machen wollte.
TH: Da hatten Sie eine unsichtbare Konkurrenz – ohne es zu merken, dadurch doppelt schlimm. Provozierend: da war noch eine Prinzessin, von der Sie garnichts wussten. Fragen Sie Ihre Großmutter, ob es so war.
KL: klar und konzentriert an die Großmutter: Ich will wissen, ob es so war! Du sagst mir das jetzt: ob ich dich dabei gstört habe, daß die E. dein ein und alles war.....jetzt weiß ich nicht, was ich rede.......daß ich deine Illusionen gestört habe und deshalb weg musste.........ich merke verhaltene Wut......jetzt kommt was komisches: ich stehe wie ein höherer Richter da.........ich glaube, jetzt kommt Größenwahn da rein..........war das so? Kein Gelabere von Dir, sondern eine klare Antwort! (Unterstützt sich selbst mit dem Inneren Richter)
TH: motivierend: die können Sie fordern
KL: Jetzt bin ich der Engel Gabriel. Die Großmutter steht da mit eingezogenem Kopf und hat ihre Arme schützend überm Kopf. Ich habe kein Mitleid mit ihr. Ich stoße mein Schwert auf den Boden und verlange von „Dir die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit“.
TH: Was sagt sie?
KL: Sie traut sich nicht hoch, hält die Hand über die Augen, weil sie von meiner Helligkeit geblendet ist und sagt: ja Herr, ich habe schlecht gehandelt und Schuld auf mich geladen.
TH: Sie gibt es also zu? Oder will sie sich erleichtern? Beichten? Oder ist es ein Spiel? (Testen der Energie des Klienten.)
KL: Weiß ich noch nicht........
TH: Fragen Sie, ob sie einen Pfarrer braucht.
KL: drängend. Willst du beichten, alles Böse nach aussen bringen? Willst du Vergebung?
Jetzt zieht sich meine Kehle zsammen. Ich sage zu ihr: ich warte, aber nicht ewig – es ist jetzt deine Chance.
TH: Und?
KL: sie legt sich ergeben hin, als wenn sie lieber sterben als beichten würde.
TH: Was machen Sie?
KL: Nehme das Schwert und hau sie in der Mitte durch.
TH: was ist?
KL: Jetzt sind es zwei lebende Teile
TH: Wollen Sie das so lassen, zwei solcher Hexen?
KL: Ich habe Angst vor einem Gemetzel.
TH: schlägt mit dem Dhyando „vor“
KL: Das ist zu stumpf im Ton.....
TH: Trotzdem: ´verwenden Sie´s, damit Sie´s aus dem Körper raushauen, sonst läuft alles nur im Kopf..........
KL: beginnt mit dem Schlagen......Irgenwie kommt die Sache nicht ins Rollen....
TH: Schlagen Sie und schimpfen, schreien Sie dazu......
KL: Du Miststück, du sollst es büssen, für jedes mal......du stehst jedesmal wieder auf........entmutigt: warum geht es nicht?
TH: provozierend: Nicht mal erschlagen kann ich dich.....(bleibe im Bild)
KL: ich spüre, du lachst mich aus........ (lässt sich von meiner spöttischer Energie provozieren, um weiter zu kommen)
TH: provozierend: Wollen Sie sich das gefallen lassen?
KL: Irgendwann ist Schluss .....Klient hat seinen Initialsatz gefunden und schlägt mit maximaler, explosiver Kraft eine lange Schlagserie und wirft erleichtert den Stock zu Seite.
TH: Wie schaut sie jetzt aus? Was ist los mit ihr?
KL: Sie ist platt, der Kopf ist noch da, schaut aber noch aus den Augenwinkeln.
TH: Ihr Bewußtsein ist noch da. Wollen Sie das so lassen?
KL: Jetzt spüre ich so eine Lust an der Macht: sie kann nicht mehr wegrennen. Jetzt kann ich mich rächen für meine Angst, die ich im Kinderwagen hatte..... schlägt und sticht mit Dhyando auf das Energiebild ein, höhnisch, zwischen den Zähnen....jetzt ändert sich dein Blick, jetzt weißt du, wie das ist, hilflos zu sein. Jetzt ist mit dir Schluss.
TH: Sagen Sie ihr, wofür das alles ist (unpassend, da Erklärung fordernd, bringt Klienten weg von seiner Energie.)
KL: weinend, leicht weiterklopfend: Du hast mich so gequält, du hast keine Rücksicht genommen.......
TH: energisch: Bleiben Sie dran, geben Sie nicht die Macht aus der Hand! (Klient soll seine Mach(t)-Seite kennenlernen.)
KL: entschlossener: Du quälst niemanden mehr. Nicht mehr meine Mutter.....nicht mehr meinen Vater......schlägt eine harte Schlagserie.
TH: Ist der Kopf weg? Wir können nicht in der Mitte aufhören!
KL: Die Teile beleben sich sich wieder, sie ist wieder ganz, aber körperlos. Sie hat einen weißen Umhang um, ich könnte durch sie durchschlagen.
TH: Was braucht´s, um sie zum Verschwinden zu bringen?
KL: Ganz weißes Licht. Ich nehme Blitze, die aus meinen Fingern kommen – ha,ha, du hast mich geblitzt, jetzt blitze ich dich. Die Erde bebt, aber meine Blitze sind stärker...... die verbrennen sie von Innen heraus und breiten sich wie eine Welle aus . Es dauert.....ein Zittern geht durch sie hindurch.......sie kämpft ihren Todeskampf.
TH: spielt Donnergräusch ein. (Klient kann auch übers Hören die Wirkung des Donners wahrnehmen, damit seine Nervenzellen den Tod der Grossmutter speichern.)
KL: Der Blitz breitet sich in ihrem Körper aus, das kommt von aussen, das kennt sie nicht. Es zerreisst sie von Innen heraus. Ich schaue ihr zu: sie macht den Mund auf, die Augen auf, eine Starre kommt über sie, ein Schrei entringt sich ihr......sie sackt zusammen.
TH: Was ist noch da?
KL: Ich gehe hin, ihr Mantel ist noch da. Den nehme ich mit dem Stock hoch. Da hängt der Mantel dran, innen ist er leer.
TH: Wollen Sie ihn verbrennen?
KL: Gute Idee
TH: spielt Feuer ein: Halten Sie den Mantel drüber. (Klient kann auch übers Hören die Wirkung des Feuers wahrnehmen, damit seine Nervenzellen den Tod der Grossmutter speichern.)
KL: Die Ränder beginnen zu brennen, es geht sehr schnell, jetzt lasse ich ihn ins Feuer fallen.
Ich spüre Ängste, Zweifel, ob sie nicht wieder hinter mir auftauchen könnte. (Selbstinduziert oder durch meine Frage von vorhin, was noch da sei, induziert?)
TH: Vergewissern Sie sich.
KL: Mir ist, als könnte ich an Einbildungen kranken. Plötzlich sehe ich an oben vorbeiziehenden Wolken ein Gesicht herausschauen und lachen.
Sich selbst beruhigend: Aber das ist nicht in meiner Welt, von dort ist sie verschwunden. (Leider nicht, auch die Wolken sind Teil der Innenwelt des Klienten. Im Augenblick weiss ich aber nicht weiter.)
TH: Kommen wir noch einmal zu Ihrer Mutter: Ihre Mutter will von der Schwiegermutter ausziehen und Ihr Vater soll sich dazu entscheiden. Er kann das nicht. Was hat sich im Gegensatz zu vorher geändert?
KL: Meine Mutter hat das für sich geklärt. Sie will von der Schwiegermutter ausziehen, selbst wenn ihr Mann sich nicht entscheiden kann und nicht mitkommt. Er soll dann nachkommen.
Dann habe ich noch die Vorstellung, daß mein Vater gegenüber meiner Mutter eine starke Aggression entwickelt. Ich spüre einen Keil. Mein Vater sagt zu meiner Mutter: Du willst mich zwingen, mich von meiner Mutter zu trennen.
TH: Was sagt Ihre Mutter?
KL: Die bleibt dabei: sie zieht in eine andere Wohnung um und fragt, ob es für ihn o.k. ist? Er reagiert nicht. Er wird von seiner Mutter mit Blicken aus den Augenwinkeln geradezu hypnotisiert.
TH: zusammenfassend, da die Zeit davonläuft: dann scheint die Macht der Schwiegermmutter auf Ihre Mutter gebrochen, der Bann auf Ihren Vater noch nicht. Das geht heute nicht mehr zu bearbeiten, auch nicht mehr die Wut Ihres Vaters auf Ihre Mutter. Als Zwischenergebnis kann sich Ihre Mutter aus der belasteneden Umgebung lösen und für Sie da sein. Die Vater-Mutter- Geschichte ist noch zu klären, den seine Mutter ist ja offensichtlich wieder voll da als Krake, die vom Hintergrund aus ihre Fäden spinnt. Aber die lähmende Energie, die Ihre Mutter davon abhielt, für Sie sorgen zu können, die ist weg. Suchen Sie sich zusammen mit Ihrer Mutter einen Platz zum Ausruhen und geniessen Sie ihre ganze Anwesenheit. Spielt ausklingende Musik ein.
Ergebnis: Klient berichtet in der Folgesitzung, daß er klarer und direkter denken konnte, er empfand sich als redefreudiger mit Freude am Spielen. Seine Handlungsfähigkeit hatte zugenommen, das Quälende an den Abläufen war merklich reduziert.
Das problematische, seit eineinhalb Jahren jedoch stabile Verhältnis zu seiner Tochter war in Bewegung gekommen: die Woche über gab es mehr Reibereien und weniger Spielraum im Umgang miteinander, wahrscheinlich eine Kurreaktion.
*Kurreaktionen oder auch Verschlimmbesserungen sind mir von Naturheilverfahren bekannt. Sie bedeuten, daß ein chronischer Zustand durch einen Heilreiz in einen akuten Zustand überführt. Der Klient reagiert also auf den Reiz, d.h. sein Regulationsmechanismus beginnt, wieder zu arbeiten. Das ist die Voraussetzung dazu, daß die Selbstheilungskräfte des Klienten wieder einsetzen. Das bedeutet jedoch auch, daß die Symptome, die beim Klienten erstmal in chronischer, also verkapselter Form vorlagen, sich offen zeigen und daher akuter empfunden werden.
In Synergetik treten Kurreaktionen auf, wenn Muster nicht vollständig gekippt werden, weil der treffende Reiz noch nicht eingesetzt wurde. Sie stellen prognostisch also ein günstiges Zeichen dar und sind eine ideale Ausgangssituationen für Musterkippungen.