Praxislizenzarbeit
Gudrun Esser
Einleitung
Die Klientin leidet unter großer
Einsamkeit, sowie Unsicherheit und Angst im Kontakt mit anderen Menschen. Es
fällt ihr besonders schwer, Entscheidungen zu treffen und immer wieder
tauchen Schamgefühle auf, die sie zunächst nicht zuordnen kann. Bereits
in der Probesitzung klärt sie den Hintergrund dieser Problematik: Sie wurde
von ihrem Vater über Jahre hinweg mißbraucht. Ihre damit zusammenhängenden
Verhaltensauffälligkeiten wurden von der gesamten Verwandtschaft ständig
bemängelt, die Klientin wurde als schwarzes Schaf abgestempelt und abgelehnt.
In der Probesitzung gelingt es ihr, die Schuld- und Schamgefühle an ihren
Vater zurückzugeben, mit der Folge, dass sie anderen Menschen wieder frei
und unbelastet von diesen Gefühlen begegnen kann. Die Entscheidungsschwierigkeiten
sind mit der langjährigen Haltlosigkeit der Klientin gekoppelt, dem Gefühl,
nie ein Zuhause gehabt zu haben und Eltern die hinter ihr stehen und sie unterstützen
und bejahen. Insbesondere die Mutter überforderte die Klientin bereits
als Kleinkind mit Aufgaben und Entscheidungen, die für diese zur damaligen
Zeit zu groß und zu viel waren. In drei intensiven Sitzungen gewinnt die
Klientin immer mehr innere Stärke durch ihren inneren Löwen, sowie
inneren Halt und Schutz durch ihren inneren Schutzengel. Sie lernt, sich gegen
die Eltern abzugrenzen und ihren eigenen Weg zu gehen, der immer mehr gekennzeichnet
ist durch innere und äußere Sicherheit.
Legende: Th: Therapeutin Kl: Klientin Namen: nur Anfangsbuchstaben
Sitzung 2: Angst vor Kontakt mit anderen Menschen, Mißbrauch. (4.1.2001)
Tiefenentspannungstext
Th: Du kommst langsam einer Treppe
näher und du gehst langsam die Treppe hinab, es ist die Treppe, die in
dein Unterbewußtes führt, und sage mir, wenn du an der Treppe angekommen
bist.
Kl: Ich bin an der Treppe
Th: Wie sieht die Treppe aus?
Kl: Aus Holz,
Th: Hast du die Treppe schon einmal gesehen?
Kl: Ja.
Th: Guck mal, ob du erkennen kannst was unten ist, wo die Treppe aufhört!
Kl: Da kann ich nichts erkennen.
Th: Willst du mal die Treppe heruntergehen, damit du siehst was unten ist in
deinem Unterbewußten?
Kl: Ja, ich gehe die Treppe runter.
(lange Pause)
Ansatz zum Reden
Th: Sag mir´s!
Kl: Da ist nur ein großer Raum, (Pause)
Th: Bist du schon in dem Raum drin oder siehst du das nur von außerhalb?
Kl: Ich stehe am Anfang, da sind Leute in dem Raum, es ist keine Tür da.
Th: Guck dich mal um, kennst du da jemanden von den Leuten, die da in diesem
Raum sind?
Kl: (Pause) Ich kenne einige vom Sehen,
Th: Kennst du jemanden bestimmtes näher?
Kl: Nicht das ich wüßte. (lange Pause) Ich fühle mich nicht
wohl! Ich habe Angst. (Pause) Da sind mir zu viele Leute da unten.
Th: Sag den Leuten das mal: Ich fühle mich bei euch nicht wohl!
Kl: Ich fühle mich bei euch nicht wohl!
Th: Guckt einer hoch, wie reagieren sie? (Pause)
Kl: Die gucken mich an. Genau das mag ich nicht.
Th: Dann sag ihnen das!
Kl: Ich mag das nicht, wenn ihr mich alle anguckt. Ich fühle mich da nicht
wohl!
Th: So, was möchtest du machen? Möchtest du sie wegschicken, möchtest
du in dem Raum bleiben? Du bist ja in diesen Raum gegangen, es ist ja dein Unterbewußtes!
Du kannst handeln, wenn du willst!
Kl: Ich bin so unsicher, (Pause) ich weiß nicht ,was ich will. Will ich?
Will ich nicht?
Th: Du weißt ja, du hast Helfer! Du kannst dir jederzeit jemand rufen.
(Pause) Du kannst auch was ausprobieren für dich. (Pause) Du kannst sie
auch fortschicken, wenn du möchtest.
Kl: Das kann ich nicht! (Pause)
Th: Willst du deinen Schutzengel oder willst du deinen inneren Löwen holen?
Wenn du willst, kannst du sie rufen oder kannst auch was anderes machen. (Pause)
Du kannst in deinem Unterbewußten alles machen was du willst. (Pause)
Kl: Ich glaube, ich will meinen inneren Löwen holen.
Th: Ja, dann ruf ihn mal! (Pause) Sag ihm, daß er kommen soll!
Kl: Hallo innerer Löwe, komm und steh mir zur Seite! (Pause)
Th: Ist er da?
Kl: Ja, ich spüre es, daß er da ist.
Th: Kannst ihn ja erst mal begrüßen, er ist ja ein alter Bekannter
von dir. Kannst ihm vielleicht sagen, daß du dich freust, daß er
so schnell gekommen ist. (Pause)
Kl: Ich freue mich dich wiederzusehen. Schön, daß du so schnell zu
mir gekommen bist! Ich brauche auch deine Hilfe!
Th: Willst du ihm mal sagen, was du brauchst, wie er dir helfen kann? Oder ihn
fragen, wie er dir helfen kann? (Pause) Oder sage ihm, daß du Angst hast,
daß so viel Leute da sind. Tue jetzt, was für dich richtig ist.
Kl: Hallo Löwe, ich habe Angst. Steh mir zur Seite, es sind mir zu viele
Menschen da, ich fühle mich unsicher, sei einfach bei mir, steh mir zur
Seite. (Pause)
Th: Was passiert?
Kl: Er sieht mich an und sagt, daß er mir helfen möchte. Ich weiß
auch nicht, was ich da soll. Ich fühle mich auch da ein bisschen hilflos.
(Pause)
Th: Vielleicht hat der innere Löwe eine gute Idee.
Kl: Ich fühle mich hilflos, auch wenn du da bist! Da ich nicht weiß,
was das hier ist, was ich hier soll. Hilf mir! (Pause)
Th: Hilft er dir? Was sagt dir der Löwe?
Kl: Na ja. Er sagt, ich soll einfach da rein gehen, aber nicht hier stehen bleiben.
Das tue ich jetzt! (Pause)
Th: Guck dich jetzt mal in dem Raum um, du siehst die Leute jetzt genauer. Guck
mal, ob du da jemand ist, den du kennst, jetzt, wo du nahe dran bist. (Pause)
Vielleicht ist da jemand, der dir besonders Angst macht oder jemand, der dir
besonders sympathisch ist? Vielleicht willst du auch auf jemand zugehen? Guck
mal, was da für ein Impuls kommt mit deinem Löwen an der Seite. (Pause)
Kl: Ich kenne einige vom Sehen. Da scheint eine Feier zu sein oder irgend was.
Th: Willst du mal jemand fragen, warum sie da sind?
Kl: Ich traue mich noch nicht. (Pause)
Th: Du hast doch deinen Löwen bei dir, da kann dir doch eigentlich nichts
passieren.
Kl: Davor habe ich auch jetzt keine Angst, ich bin auf der einen Seite sicher,
aber etwas ist noch unsicher in mir, da ich nicht weiß, was da los ist...
Th: Laß diese Unsicherheit mal als Gestalt auftauchen.
Kl: Als Gestalt?
Th: Oder als Symbol, es kann was ganz Kurioses sein. Laß es einfach mal
kommen was kommt. (Pause) Es kann eine Märchengestalt sein, es kann einfach
was Schemenhaftes sein, guck mal, du kennst das ja, wie das ist, wenn so was
auftaucht. (lange Pause) Vielleicht mußt du sie auch rufen, vielleicht
mußt du auch sagen: "Unsicherheit Menschen gegenüber" laß
dich mal sehen!
Kl: Ich habe meine Angst als ganz kleinen Zwerg auftauchen lassen.
Th: Deine Angst mit anderen Menschen zu sprechen? Frag den Zwerg, ob er wirklich
deine Angst ist, deine Angst mit anderen Menschen zu sprechen. Frag ihn, sprech
ihn direkt an!
Kl: Bist du meine Angst und meine Unsicherheit? (Pause) Ja, er ist es.
Th: Wie sieht er aus, dein Zwerg, deine Unsicherheit und deine Angst mit fremden
Menschen zu sprechen? Guck ihn dir mal an wie er aussieht.
Kl: Der kleine Zwerg findet das lustig.
Th: Er findet das lustig? (Pause) Findest du das auch lustig, daß er sich
über dich auch noch lustig macht?
Kl: Nein.
Th: Frag mal deinen Löwen, ob er sich das gefallen läßt, daß
sich der Zwerg über dich lustig macht.
Kl: Er findet das nicht gut. Der Zwerg lacht mich aus, weil ich überhaupt
keine Angst haben brauche.
Th: Dann sag dem Zwerg das doch. Du kannst ihm auch sagen, daß du dir
das nicht gefallen läßt, du bist ja die Stärkere.
Kl: Zwerg! Ich will mir das nicht gefallen lassen! Warum lachst du mich so aus?
Ich habe Angst! (Pause) Ich finde das nicht zum Lachen! (Pause)
Th: Was möchtest du mit ihm machen, daß er aufhört zu lachen?
Kl: Ich weiß nicht. (Pause) Meine Angst bekämpfen. (Pause)
Th: Bekämpfen?
Kl: Er sagt, es sei unberechtigt, Angst zu haben, deswegen lacht er mich auch
aus, weil ich unsicher bin.
Th: Du bist jetzt in einem Dilemma, er lacht dich aus, er sagt du machst dir
deine Angst im Grunde selber. Was möchtest du machen?
Kl: Ich weiß es nicht.
Th: Willst du dich weiter auslachen lassen?
Kl: Nein.
Th: Ja, dann mußt du was tun. (Pause)
Kl: Das gefällt mir nicht, daß er mich nicht für voll nimmt.
Th: Dann sag ihm das.
Kl: Zwerg! Das gefällt mir gar nicht, daß du mich so auslachst. Ich
habe das Problem. (Pause)
Th: Wie reagiert er darauf?
Kl: Ja, er lacht nicht mehr. Er sagt, ich habe ja meinen inneren Löwen
mit, der zu mir steht.
Th: Vor dem hat er Angst?
Kl: Ja. (Pause)
Th: Das ist ja schon mal ganz gut, wenn er das anerkennt. (Pause) Dann bitte
doch jetzt mal den Zwerg, er ist ja deine Angst, deine Unsicherheit Menschen
gegenüber, er soll dich doch jetzt mal dahin bringen wo er entstanden ist,
wo die Ursache ist, daß es ihn gibt. (Pause) Deinen inneren Löwen
kannst du ja dahin mitnehmen.
Kl: Zwerg! Bringe mich bitte dahin, wo du entstanden bist, also die Angst, diese
Unsicherheit! Gehe mit mir dahin zurück! (Pause) Er möchte mit mir
dahin zurückgehen, aber er sagt, ich bin schon immer da, er weiß
nicht wohin er mit mir gehen soll. Er war schon immer da!
Th: Ja, aber irgendwann ist er das erste Mal dagewesen, es kann auch im vorherigen
Leben gewesen sein. (Pause) Sag ihm das ganz klar, er soll jetzt mit dir dahin
gehen, wo er entstanden ist, das kann in deinem Mutterleib gewesen sein, es
kann kurz nach der Geburt gewesen sein oder später. Da soll er dich jetzt
hinbringen.
Kl: Gehe mit mir dahin wo du entstanden bist, egal wo es war, geh mit mir dahin!
(Pause)
Th: Guck mal, ob irgend ein Bild auftaucht, auch wenn es ganz schemenhaft ist,
nicht nachdenken, nur einfach mal in dich hinein sehen. (Pause) Der erste Impuls
ist eigentlich immer der Richtige. (Pause) Oder einfach was du für ein
Gefühl dabei hast, das ist auch schon ein Hinweis. Was war da, wie er entstanden
ist?
Kl: Ich kann es nicht sagen.
Th: Wie fühlt sich das an?
Kl: Es beunruhigt mich etwas, ich kann noch nicht sehen, das ist...., das beunruhigt
mich, weil es da ist. (Pause)
Th: Guck mal, stell dir mal einen Vorhang vor,
Kl: Ja.
Th: Irgendeinen....Siehst du einen Vorhang?
Kl: Ja!
Th: Gut. Jetzt soll der Zwerg mal diesen Vorhang auf die Seite ziehen, damit
du sehen kannst, wo er entstanden ist. (Pause) Sag dem Zwerg, er soll den Vorhang
wegziehen.
Kl: Zwerg, zieh den Vorhang mal weg, daß ich sehen kann, wo du entstanden
bist! (Pause)
Es ist dunkel.
Th: Du willst irgendwas nicht sehen. Du weißt, da ist was. (Pause) Du
kannst dir auch noch einen Helfer holen, du weißt deinen Schutzengel,
der kam schon mal mit der Laterne. Den kannst du auch rufen, wenn du möchtest.
Du hast so starke Helfer. Die haben dir auch versprochen dir zu helfen. (Pause)
Möchtest du das sehen was hinter dem Vorhang ist oder möchtest du
es nicht?
Kl: Ich habe das Gefühl, er kann mir auch nicht helfen, weil ich nichts
sehe.
Th: Er hat aber eine Laterne und du hast schon mal nichts gesehen und er hat
dir geleuchtet. Du kannst ihn ja mal rufen. Wir können es mal ausprobieren.
(Pause)
Kl: Schutzengel, ich brauche deine Hilfe! (Pause) Er ist da und fragt, wie er
helfen kann.
Th: Dann sags ihm.
Kl: Ich habe Angst, ich kann die Angst nicht sehen, hilf mir bitte! (Pause)
Th: Was geschieht?
Kl: Er fragt mich, ob er mir hinter den Vorhang leuchten soll.
Th: Möchtest du das?
Kl: Ich möchte das, ja! Ich möchte, daß du das tust! (Pause)
Th: Guck mal, was du da siehst. (Pause)
Kl: Ich sehe was, ja. Ich sehe aber mehrere Dinge. (Pause)
Th: Guck, was am Wichtigsten für dich ist, oder der Zwerg soll dich jetzt
dahin führen was am wichtigsten ist, wo er entstanden ist. (Pause) Sag
dem Zwerg das!
Kl: Es ist so, so ein Durcheinander, noch nichts Richtiges zu sehen, es ist
so vieles.
Th: Sag dem Zwerg das noch einmal, er soll dich jetzt konkret zu dieser Szene
führen, wo er entstanden ist.
Kl: Führe mich dorthin, wo du entstanden bist und hilf mir! (Pause) Er
bringt mich in meine Kindheit zurück. (Pause)
Th: Guck mal, wo du da bist. (Pause) Es muß nichts konkretes sein. Wie
du dich fühlst, wie alt du dich fühlst.
Kl: Ich fühle mich nur unglücklich, verängstigt,
Th: Kannst du dich sehen?
Kl: schemenhaft
Th: Was ist um dich herum?
Kl: Ich spüre immer ganz stark, daß ich unglücklich bin, daß
ich verängstigt bin, traurig bin, hilflos,
Th: Guck mal, wem möchtest du das sagen, ist da jemand in der Nähe,
dem du das sagen kannst. Wer hat dich in diesen Zustand gebracht, daß
du traurig, hilflos, verängstigt bist? Was ist da in dieser Szene? Guck
mal, wer da auftaucht. (Pause)
Kl: Ich fühle mich im Moment ganz allein, da ist keine Szene, es hält
mich einfach nur da.
Th: Es ist einfach nur das Gefühl?
Kl: Das Gefühl ist sehr stark, das meinen Eltern mitzuteilen
Th: Dann sag es einfach, dann sags deinen Eltern, auch wenn du sie nicht siehst,
sag ihnen das. Sags laut!
Kl: Ich wollt euch nur sagen, daß ich sehr traurig bin, verängstigt
bin, hilflos bin und das tut weh, das tut sehr weh. (Pause)
Th: Guck mal, ob da irgendeine Reaktion kommt von deinen Eltern. (Pause)
Kl: Nein, da kommt nichts. (Pause)
Th: Vielleicht kannst du deinen Schutzengel bitten, ein bisschen genauer hin
zu leuchten, damit du sehen kannst wo dieses Gefühl entstanden ist. Vielleicht
kann der Schutzengel dich dahin führen, der Zwerg will es offensichtlich
nicht, denn da wird er ja enttarnt. Du kannst ihn ja mal fragen, ob er dich
dahin führt, du möchtest es jetzt mal genau wissen was da war.
Kl: Schutzengel, kannst du mir mal ein bisschen besser leuchten, daß ich
sehen kann wo ich bin (Pause) ja, er leuchtet. (Pause) Ich sehe jetzt wieder
nur die Szene.
Th: Was ist das für ein Gefühl, wie alt du bist.
Kl: Ungefähr, denk ich mal, zwischen 8 und 10. (Pause) Ich sehe zwei von
meinen Geschwistern, aber auch nur schemenhaft weit weg.
Th: Das reicht dann schon.
Kl: Die sind auf alle Fälle da, das weiß ich, ich weiß, daß
ihr da seid, ich spüre es, ich merke es, ich kann noch nicht mal sagen
wer es ist,...
Th: Kannst ja fragen, wer sie sind.
Kl: Wer seid ihr denn? (Pause) Jetzt würde ich fast sagen ein Bruder von
mir.
Th: Guckst du genau wer es ist?
Kl: Das sind meine beiden älteren Geschwister, die nach mir kommen.
Th: Ja, geh noch mal in dieses Gefühl rein, dieses verängstigt sein.
Hat das was mit deinen Geschwistern zu tun?
Kl: Nein
Th: Fühl mal in dich rein.
Kl: Nein, hat nichts mit meinen Geschwistern zu tun.
Th: Ja, kannst du vielleicht deine Geschwister bitten dich zu unterstützen?
Damit du da in das rein gehen kannst wo dieses Gefühl entstanden ist.
Kl: Nein, das kann ich auch nicht. Weil die damit nichts zu tun haben, habe
ich das Gefühl.
Th: Ja , auch da ist das Gefühl schon da, daß du dich nicht äußern
kannst anderen gegenüber! (Pause) Dann sag deinem Schutzengel, daß
wäre ja wohl noch nicht die Szene, er soll dich jetzt wirklich mal dahin
bringen. (Pause) Fühl mal in dich rein, ob das stimmt, willst du dahin
wo das entstanden ist dieses Gefühl? Dieser Zwerg? (Pause)
Kl: Ich habe das Gefühl, ich bin da , ich kann nur noch nichts sehen, noch
nicht so richtig. Was ich sehe ist so fern, ich sehe zwei von meinen Geschwistern,
ich sehe meine Eltern, aber alles so weit weg und ich weiß, daß
ich im Mittelpunkt stehe wo das entstanden ist irgendwo, wo es begonnen hat
....
Th: Gut, dann ruf jetzt mal deine beiden Eltern her und sag ihnen das. Sag ihnen,
du hast heute noch Angst darüber zu reden, (Pause) Mit wem möchtest
du zuerst sprechen, mit deinem Vater oder mit deiner Mutter?
Kl: Das ist schwierig.
Th: Oder mit beiden gleichzeitig?
Kl: Ich denk mal wenn, dann mit beiden gleichzeitig.
Th: Na gut, dann rufe sie beide! Du kannst ja deinen Schutzengel und deinen
Löwen mitnehmen und kannst ihnen ja mal den Zwerg zeigen, kannst ihnen
sagen, guckt mal hier: Da sieht man noch meine Angst und Unsicherheit. Und alles,
was du vorhin gesagt hast, sag ihnen das mal. (Pause) Sags ihnen laut. (Pause)
Kl: Könnt ihr den Zwerg sehen, das ist meine Angst, meine Unsicherheit,
ihr habt was damit zu tun! Ihr habt das verursacht! Ich habe heute noch damit
meine Last! Dass ich es weg kriege! Ich gebe euch die Schuld dafür! (Pause)
Th: Was kommt da für eine Reaktion? (Pause)
Kl: Die fühlen sich nicht schuldig. Ich hätte ja keine Ahnung von
was ich rede. (Pause)
Th: Ja, könntest du das so akzeptieren? (Pause)
Kl: Ja, ich hatte damals vielleicht keine Ahnung, weil ich es noch nicht gewußt
habe und nicht kapiert habe, aber heute habe ich Ahnung!
Th: Dann sag ihnen das! (Pause)
Kl: Ich hatte damals vielleicht keine Ahnung, weil ich es nicht kapiert habe.
Nur heute habe ich Ahnung! Und heute weiß ich, daß ihr daran Schuld
seid! (Pause)
Th: Was kommt da? (Pause)
Kl: Sie fühlen sich unschuldig.
Th: Aber sie können nicht leugnen, daß deine Angst immer noch da
ist und die ist ja irgendwo entstanden. Sag ihnen: Ihr seht die Angst hier,
meine Unsicherheit anderen Menschen gegenüber und ihr seid schuld! Sag
ihnen einfach das: Ihr seid schuld!
Kl: Ihr seid schuld dran! Ihr habt nicht immer alles richtig gemacht, ihr wart
nicht perfekt! Keiner ist perfekt! Und ich habe es heute noch (Pause)
Th: Sie sollen sich dafür entschuldigen. Sag ihnen das! (Pause)
Kl: Ich möchte, daß ihr euch dafür entschuldigt. (lange Pause)
Th: Was ist? (Pause)
Kl: Sie wollen sich entschuldigen bei mir.
Th: Gut, sage ihnen: Sie sollen sich entschuldigen, sie sollen sich vor dich
hinknien und sich entschuldigen für das, was sie dir angetan haben.
Kl: Dann entschuldigt ihr euch dafür, was ihr mir angetan habt (Pause)
Sie haben sich entschuldigt dafür. (Pause)
---
Die Eltern hatten sich auch schon in vorhergehenden Sitzungen entschuldigt.
Ich habe das Gefühl, daß H. die Entschuldigung als Schutz nimmt,
um nicht tiefer in das Thema einsteigen zu müssen.
---
Th: Gut, dann sollen sie dir beweisen, daß das echt gemeint war, daß
das ernst gemeint war, sie sollen mal mit dir in den Raum gehen, wo die vielen
Menschen sind. Sag ihnen das, sie sollen mal mitgehen, du willst das mal testen,
ob das jetzt echt war. Denn dann müßte ja jetzt deine Angst weg sein.
Kl: hhhnnja
Th: Geht ihr mit mir in den Raum?
Kl: Ja! Ich möchte, daß ihr mir das beweist, daß es ehrlich
gemeint ist. Geht mit mir dahin, wo ich meine Angst noch hatte! (Pause) Sie
gehen mit mir rein (Pause)
Th: Wie ist das jetzt für dich? Dieser Raum?
Kl: Ich stehe jetzt mitten im Raum, meine Eltern sind anwesend, (Pause)
Th: Und wie fühlst du dich jetzt in dem Raum?
Kl: Ich gucke mich gerade um, und gucke nach den Gesichtern, die mir bekannt
vorkamen (Pause) Was ich jetzt eigentlich sehe, das ist Verwandtschaft von mir,
das sind Onkel und Tanten, Geschwister.
Th: Also doch keine Fremden.
Kl: Trotz alle dem habe ich davor auch Angst.
Th: Dann sag deinen Eltern mal, ihr habt euch jetzt zwar bei mir entschuldigt,
aber die Angst ist immer noch da. Da muß also noch mehr sein. (Pause)
Kl: Ihr habt euch bei mir wohl entschuldigt, aber irgendwo ist doch noch die
Angst da, irgendwo ist noch was, was mir noch Angst macht, was mir die Unsicherheit
gibt.
Th: Frag mal, ob sie dich jetzt unterstützen würden gegen dieses Angstgefühl
deinen Verwandten gegenüber und deinen Geschwistern gegenüber. Wenn
es deine Eltern sind und es ihnen leid getan hat, dann müßten sie
dich ja jetzt unterstützen. Frag mal, ob sie dir helfen.
Kl: Würdet ihr mir helfen und mich unterstützen bei meiner Angst?
(Pause) Meine Mutter meint, ich bräuchte doch überhaupt gar keine
Angst zu haben, es ist doch nur Verwandtschaft
Th: Du sagst aber, du hast Angst.
Kl: Es ist aber für mich erschreckend, daß ich sogar vor der Verwandtschaft
Angst habe. Wie soll das denn bei fremden Menschen sein? (Pause)
TH: Genau! (Pause) Kannst du der Mutter ja sagen, irgend etwas haben sie da
falsch gemacht, daß du jetzt sogar vor deiner Verwandtschaft Angst hast.
Kl: Irgend etwas habt ihr verkehrt gemacht bei mir, daß ich da sogar Angst
habe, Angst habe in eine Menschenmenge zu gehen, Angst vor Menschen habe, sogar
vor der eigenen Verwandtschaft. Das kann doch nicht wahr sein! (Pause)
Th: Gut. Dein Zwerg ist ja nach wie vor da, siehst du ihn noch oder wie sieht
er jetzt aus? Oder ist er weg?
Kl: Nein. Weg ist er nicht.
Th: Wie sieht er jetzt aus? (Pause) Lacht er immer noch?
Kl: Nein, er lächelt ein bisschen, aber ...
Th: Ist das Schadenfreude: Mich kriegst du doch nicht klein? Oder was ist das
für ein Gefühl?
Kl: Ich weiß es nicht. (Pause)
Th: Ja, ihm geht es jetzt an Kragen. Kannst ja noch mal deinen Schutzengel bitten
und deine Eltern jetzt mitnehmen dahin an die Stelle, wo die Angst vor anderen
Menschen entstanden ist, sogar vor deiner Verwandtschaft. Wenn es deine Eltern
ehrlich meinen unterstützen sie dich. (Pause) Bitte mal deinen Schutzengel
darum.
Kl: Schutzengel, ich bitte dich wieder zurückzugehen, ich möchte,
daß meine Eltern mitgehen dahin wo meine Angst herkommt, sogar das vor
der Verwandtschaft-Angsthaben. (Pause) Ja, sie gehen mit mir wieder zurück.
Th: Es kann noch ein ganzes Stück weiter zurück in deiner Kindheit
liegen. Der Schutzengel soll dich dahin führen an dieses Erlebnis, wo du
diese Angst bekommen hast und wo dich deine Eltern nicht unterstützt haben
(Pause) wo sie nicht da waren, wo sie dich im Stich gelassen haben, (Pause)
Kl: Ich habe das Gefühl, sie haben mich so oft im Stich gelassen,
Th: Such dir eine Szene, die gravierend dafür ist. Bitte den Schutzengel
darum, daß er dir wirklich jetzt eine Szene zeigt vielleicht als ganz
kleines Kind (Pause) wo dich deine Eltern im Stich gelassen haben, wo du unsicher
warst, Angst hattest. (Pause) Guck mal, was da auftaucht. Irgend ein Bild, irgend
ein Gefühl, (Pause) vielleicht kann dich dein Schutzengel auch an die Hand
nehmen, wenn du Angst hast (Pause)
Kl: Das einzige, was mir im Moment andauernd vor Augen ist, ist wo es vielleicht
auch alles anfing mit meinen Ängsten, meiner Unsicherheit.
Th: Laß das Bild mal da sein!
Kl: Ja! Das kam mir jetzt andauernd. (schweres atmen und emotional sehr aufgewühlt)
---
Ich merke, daß hier sehr viel Energie dahinter steckt und versuche sie
durch eine fordernde Stimme tiefer in die Gefühle zu bringen.
---
Th: Dann ist das auch das richtige. Was siehst du?
Kl: Was sehe ich? Eine Szene, die mir Angst macht, die ich verdrängt habe,
die immer wieder kommt, das ist, wo ich mißbraucht worden bin als Kleinkind,
und das macht mir immer wieder diese Unsicherheit
Th: Gehe jetzt in diese Szene rein, so schwer es auch ist.
Kl: (schweres atmen)
Th: Du hast deinen Schutzengel bei dir, sieh es dir jetzt an! Das ist wichtig!
Nur da kannst du es auflösen! Was siehst du?
Kl: Ich sehe mich verängstigt, eingeschüchtert, Angst,
Th: Guck mal, wie alt du bist! (Pause)
Kl: Ich weiß nicht mehr genau.
Th: Es muß kein genaues Alter sein. Bist du noch sehr klein oder bist
du schon größer?
Kl: Ich bin schon etwas größer, aber vielleicht 9 / 10 (Pause)
Th: Wer ist da? Wer ist noch da? Vor wem hast du da Angst? (Pause) Guck mal,
wer da ist! Pause)
Kl: Mein Vater. (Pause)
---
Ich dachte hier an das in Stich gelassen sein von der Mutter
---
Th: Wo ist deine Mutter?
Kl: Die ist nicht da! (Pause)
Th: Willst du mal deine Mutter rufen? Denn da ist ja eine Szene, wo sie dich
im Stich gelassen hat. (Pause) Oder möchtest du deinem Vater erst mal was
sagen? Was möchtest du tun? Du mußt dich jetzt entscheiden, was du
tun willst!
Kl: Ich weiß es nicht.
Th: Willst du jetzt mal als große H. in die Situation zur kleinen H. rein
gehen, du bist ja heute stärker? Du kannst auch deinen inneren Löwen
mitnehmen und deinen Schutzengel und einfach die kleine H. unterstützen.
Geh wirklich mal in dieses Gefühl der kleinen H. rein, was sie braucht
da in dem Moment, was sie tun will und was sie damals nicht tun konnte. (Pause)
Kl: Die ist völlig hilflos.
Th: Sag das mal (Pause) laut!
Kl: Ich fühle mich so hilflos der Situation gegenüber!
Th: Wem gegenüber fühlst du dich hilflos? (mit fordernder Stimme:)
Sag es demjenigen! Sags dem! (Pause)
Kl: Ich fühle mich als kleine H. und als große H. im Moment hilflos.
Th: Gut, trotz allem (Pause) Wer ist da dir gegenüber, der dich mißbraucht
hat? (Pause)
Kl: Mein Vater.
Th: Und wer noch? (Pause) Gibt es da noch jemand?
Kl: Nein, sonst niemand. (Pause)
Th: So, dann sag deinem Vater mal: Guck dir mal meine Angst an, die ich heute
noch habe, und die Hilflosigkeit anderen gegenüber und du bist Schuld daran!
(fordernd:) Sag ihm das! (Pause) Geht das?
Kl: Ich muß auch bereit sein. (Pause) Das habe ich mir immer gewünscht,
ihm das zu sagen!
Th: Ja, dann sag das! Versuche es! Du hast den inneren Löwen, denk daran!
Du hast einen Schutzengel! (Pause) er (fordernd:) Sag ihm das jetzt, was du
ihm sagen möchtest!
Kl: Vater, ich gebe dir die Schuld von meiner Hilflosigkeit, an allem eigentlich,
was seit dieser Sache mit mir passiert ist! Ich gebe dir die Schuld! Es ist
immer wieder darauf zurückzuführen! Ich gebe dir die Schuld dafür!
(Pause)
Th: Wie reagiert er? (Pause)
Kl: Es ist ihm peinlich, er will nichts davon hören, er stellt sich als
unschuldig hin (Pause)
Th: Sag ihm mal, was er mit dir macht, das wäre nicht das Verhalten eines
Vaters zu seiner Tochter!
Kl: Das, was du mit mir gemacht hast als Tochter, das war nicht richtig, das
macht man nicht!
Th: Bleib jetzt in der Szene direkt drin! Wie ist das für dich was er da
mit dir macht, sag ihm das! Sag es ihm direkt! Du bist jetzt die kleine H.!
(Pause) (dringend:) Sag es ihm jetzt! Jetzt hast du die Chance! (Pause)
Kl: Was du hier mit mir machst, das ist nicht in Ordnung, laß mich bitte
in Ruhe! Das macht man nicht mit einer Tochter! (Pause)
Th: Sag ihm wie es für dich ist. (Pause)
Kl: Ich fühle mich so schrecklich, ich bin so unglücklich, ich habe
Angst, (Pause) ich kann es mit Worten einfach nicht fassen wie das für
mich ist. (Pause) Widerwärtiges sozusagen! (Pause) Ich fühle mich
so hilflos! (Pause) Ich kann mich nicht wehren! (Pause) Ich möchte das
nicht! (Pause)
Th: Sag ihm das noch mal ganz laut und deutlich! (Pause)
Kl: Ich will das nicht! Ich finde es widerwärtig! Ekelhaft! Ich schäme
mich! Ich (schwer atmen, nach Worten suchend) Ich kann es nicht ausdrücken.
Th: Sag ihm das, was du von ihm erwartest! (Pause)
Kl: Was ich erwarte, ich hätte erwartet, das er das nie getan hätte!
Th: Sag ihm das direkt!
Kl: Ich erwarte, daß du mir das nie angetan hättest! Ich habe überall
darunter gelitten! Es kommt immer wieder hoch, immer wieder.
Th: Sag ihm, ich leide das ganze Leben da drunter, was du mit mir tust. (dringend:)Sag
ihm das direkt!
Kl: Ich leide mein ganzes Leben darunter, was du mir angetan hast als Kind.
Th: Was du tust! Bleibe in der Gegenwartsform!
Kl: Was du tust (schweres atmen)
Th: Guck mal, wie er darauf reagiert, läßt er dich in Ruhe? (Pause)
Wie reagiert er, nachdem du ihm das gesagt hast? (Pause)
Kl: Er weiß nicht, was er machen soll. Auf der einen Seite sagt er, ich
habe keine Ahnung, die andere Seite ist, nicht mal seine Gefühle, daß
er ein bisschen durcheinander ist, er weiß noch nicht, was er will! (schwer
atmen)
Th: Du möchtest aber jetzt, daß er das wirklich sieht, was er da
tut, daß die Aufgabe eines Vaters ist, auf sein Kind aufzupassen und nicht
so was tun. Er soll das sehen!
Kl: Ich möchte, daß du das siehst, was du tust, was du mir antust,
es soll deutlich vor Augen sein. Das tut man nicht! Nicht als Vater!
---
Ich möchte H. jetzt wirklich in das Gefühl des sich wehrens bringen
---
Th: Er soll als Vater dazu dasein, dich zu beschützen und nicht dich zu
mißbrauchen. Sag ihm das!
Kl: Du hast als Vater dazusein, mich zu beschützen und nicht zu mißbrauchen,
auch wenn er mir immer das Gefühl gegeben hat, er würde mich beschützen.
Aber nicht so beschützen!
Th: Sag ihm das!
Kl: (mit Nachdruck) So möchte ich das nicht! Ich will es nicht!
Th: Ja, ganz deutlich! Er soll das wieder gut machen! (Pause) Ja, was möchtest
du mit ihm machen?
Kl: Ich weiß es nicht. (leiser werdend) So was kann man nicht mehr gut
machen. (flüsternd) Das geht nicht mehr.
Th: Du kannst es in deiner Innenwelt ändern!
Kl: Ich würde es gerne wieder rückgängig machen. Ich wünsche
es mir, aber es geht nicht. (Pause)
Th: Du kannst dich ja mit der Situation auseinander setzen, du kannst dich jetzt
gegen deinen Vater wehren, wenn du willst. (Pause) Du kannst jetzt überlegen,
was du jetzt machen kannst, du kannst es dir nicht gefallen lassen. (Pause)
Kl: Ich laß mir das auch nicht mehr gefallen, ich will das nicht, ich
kann das nicht, ich will das nicht, ich möchte auch, daß er mich
in Ruhe läßt,
Th: Sag ihm das!
Kl: (laut) Ich möchte, daß du mich in Ruhe läßt! Ich will
das nicht mehr! (schwer atmen)
Th: Und wenn er dich noch mal anfaßt, haust du ihm auf die Finger oder
sonst was? Was willst du machen jetzt? Oder willst du deinen Löwen auf
ihn hetzen?
Kl: Wenn er mich wieder anfaßt, dann schlag ich ihm eine rein!
Th: Ja, dann sag ihm das!
Kl: Faß mich nur noch einmal an, dann schlag ich dir eine rein! Das ist
das wiederwärtigste, was man einem Kind antun kann. (aufatmen)
Th: Sag ihm das, was sich im Lauf deines Lebens angestaut hat an Wut und Verzweiflung
und allem
Kl: Es hat sich alles in mir aufgebaut, mein Leben lang, Hoffnungslosigkeit,
Verzweiflung, Ängste, Depressionen, es kam alles hoch, immer wieder, immer
wieder. Das läßt einem nie in Ruhe. Deswegen will ich das nicht mehr!
Th: Was macht er?
Kl: Er zieht sich zurück.
Th: Und schleicht sich einfach davon.
Kl: Ja.
Th: Er soll mal dableiben!
Kl: Bleib mal da!
Th: Er soll jetzt noch mal mit in den Raum zu den Verwandten gehen. Sag ihm
das!
Kl: Ich will, daß du mit mir in den Raum mit den Verwandten gehst!
Th: Macht er das?
Kl: Ja, ich bin jetzt da und er steht neben mir.
Th: Er soll jetzt vor der ganzen Verwandtschaft bekennen, was er mit dir gemacht
hat!
Kl: Ojeh! (Pause)
Th: Und zwar soll er denen das laut und deutlich sagen! Du verlangst das von
ihm! (Pause) Sag ihm das! (schweres atmen von H.)
Kl: (bestimmt) Vater, wir sind jetzt hier und ich möchte, daß du
vor allen Verwandten hier sagst, was du mir angetan hast, was du mir jahrelang
angetan hast, daß du daran schuld bist, wie es mir heute geht! Teile das
denen hier allen mit! Stell dich dem, was du getan hast! (Pause, schweres atmen)
Ich will, daß du das tust! (Pause)
Th: Du kannst ihn dazu zwingen! Du bist die Stärkere!
Kl: Ich zwinge ihn auch dazu, er will nicht, er schämt sich. Er hat auch
allen Grund dazu.
Th: Du hast dich auch geschämt.
Kl: Ich habe mich immer geschämt.
Th: Das geschieht ihm ganz recht, daß er das mal erfährt, wie das
so ist. Sag ihm das!
Kl: Du wirst dich hier entschuldigen! Du mußt wissen, was du getan hast!
Ich habe mich dafür jahrelang geschämt. Ich habe immer gedacht, man
sieht es mir an, was du mir angetan hast. Ich habe mich geschämt, ich habe
mich gedemütigt gefühlt. Jetzt bist du dran! Jetzt hier sagst du es!
Raus damit!
Th: (fordernd:) Keine Ausflüchte!
Kl: Nein, nichts!
Th: Sofort! (Pause) Wie reagiert er?
Kl: Er hat Angst!
Th: Jaaah, jetzt hat er Angst!
Kl: Jetzt hat er Angst! Die Angst hatte ich jahrelang! Ich habe gebettelt, ich
habe dich angefleht, ich habe drum gebettelt: Laß mich in Ruhe! Tu es
mir nicht an! Du hast nie gehört! Und jetzt bist du dran! Das tut dir nur
einmal weh, mir hat es mehrmals weh getan und das jahrelang!
Th: Jetzt soll er sich dem stellen, was er getan hat!
Kl: Das ist lang nicht so schmerzhaft und tut lang nicht so weh, das einmal
zu sagen als das was ich mitgemacht habe! (zornig) Und du sagst es jetzt hier!
Th: (auffordernd:) Und zwar sofort!
Kl: Jetzt und hier und sofort! (Pause, schweres atmen)
Th: Was ist , reagiert er immer noch nicht?
Kl: Er drückt sich immer noch ein bisschen herum, aber er weiß, daß
er keine Chance hat.
Th: Und wenn er nicht spurt, dann soll er 10 Kniebeugen machen!
Kl: Er stammelt ein bisschen was vor sich hin. Ich möchte, daß du
lauter sprichst! Daß auch alle was hören davon.
Th: Und in seinem vollen Umfang was er getan hat! Nicht beschönigen. (Pause)
Was er dir über Jahre angetan hat, was sich da angesammelt hat!
Kl: Ohjaa, da hat sich soviel angesammelt...
Th: (mit Nachdruck) und er ist so feige und will nicht einmal das eingestehen.
Kl: Feige ist er.
Th: Sag ihm das!
Kl: Du bist soooo feige! (Pause) Ich habe keine Achtung mehr vor dir, nichts!
Th: Aber jetzt soll er das endlich eingestehen und soll mal sehen, wie das ist!
Kl: Ja, ich möchte, daß du es hier und jetzt sagst, nur einmal spürst
wie das ist und jetzt kannst du es hier beweisen! Du wirst es hier beweisen!
Du tust es hier! (Pause) Er stammelt immer noch ein bisschen was vor sich hin
und weiß nicht wie er anfangen soll. Alles hört ihm zu! Er ist sich
unsicher.....
Th: Kommt dir das bekannt vor, du bist auch unsicher den Leuten gegenüber.
Dies alles fühlt er jetzt auch. Sag ihm das!
Kl: Das ist noch lange nichts gegen das, was ich gespürt habe, das ist
nur eine Kleinigkeit! Aber anders kann ich ihm das nicht heimzahlen. Er muß
das spüren. (kleine Pause) Aber rückgängig kann er das trotz
alle dem nicht!
Th: Sag ihm das!
Kl: Du kannst es nie rückgängig machen. Ja, ich möchte, daß
du dir das eingestehst! Allen sagst! Daß du es zugibst! Ich möchte,
daß du es laut und deutlich von dir läßt! (Pause)
Th: Sag ihm wie feige er ist!
Kl: Er ist feige!
Th: Sag ihm das!
Kl: Du bist feige, sehr feige! Es ist deprimierend das zu sehen. Früher
warst du auch nicht feige, für das was du mir angetan hast...
Th: gegenüber dem kleinen hilflosen Mädchen, da war er der Stärkere...
Kl: da war er der Stärkere...
Th: Aber jetzt bist du die Stärkere.
Kl: Jetzt bin ich stärker! Und die Zeiten sind vorbei. (Pause)
Th: Was ist mit ihm?
Kl: Er sagt was.
Th: Er soll es ganz laut und deutlich sagen und zwar in vollem Umfang. (Pause)
Kl: Ich möchte, daß du alles laut und deutlich hier sagst!
Th: Und zwar auf der Stelle! Sofort!
Kl: Hier und sofort!...
Th: Keine Ausflüchte mehr!
Kl: Richtig! Keine Ausflüchte! Hier wird jetzt was gesagt, was du mir angetan
hast! Es ist sowieso vorbei jetzt! Er schämt sich! Ich habe mich auch jahrelang
geschämt! Jahrelang, heute noch, ich komme darüber nicht weg. Jetzt
bist du dran! (Pause)
Th: Was möchtest du machen?... Du kannst ihn zwingen, es laut und deutlich
zu sagen, wenn er herum druckst. Was möchtest du?
Kl: Er macht es! Er macht es! Er sagt es! Lauter! Ich möchte, daß
du es lauter sagst! Er schämt sich so. Das ist mir sooo egal!
Th: Ja, sag ihm das!
Kl: Mir ist das so egal, ich möchte, daß du lauter wirst! Er fängt
an zu reden.
Th: Was sagt er?
Kl: Er schämt sich, er teilt das mit, was er mir angetan hat. Er wollte
es wohl nicht, aber es ist egal, er sagt es! Alles ist entsetzt drum herum.
Er schämt sich. Das ist mir auch egal. Ich schäme mich auch. (Pause)
Er wird ganz klein. (Pause) Alle sind so entsetzt. (Pause)
Th: Kannst ihn ja mal fragen, wie es ihm geht! Frag mal, wie es ihm jetzt geht!
(Pause) wie er sich fühlt.
Kl: Wie fühlst du dich? Geht es dir jetzt besser? (Pause) Er fühlt
sich sehr schlecht. Es geht ihm nicht besser. Das ist mir aber egal! (Pause)
Th: Kannst ihm ja sagen, daß das nur Recht und billig ist, nachdem du
dich die vielen Jahre so rumgequält hast. Jetzt fühlt er auch mal
wie das so ist, was er getan hat. Sag ihm das mal!
Kl: Daß du dich jetzt schlecht fühlst, das ist mir egal, denk mal
darüber nach wie viele Jahre es mir schlecht ging. Mir ging es sehr schlecht!
Es ist immer und immer und immer wieder hochgekommen. Ich mußte ewig damit
leben! Ich muß auch noch weiterleben damit. Es geht nie, nie vorbei.
Th: Er soll sich jetzt dafür entschuldigen! Und zwar jetzt wirklich, nicht
nur so eine Scheinentschuldigung wie vorhin, laß ihn doch vor dir auf
der Erde liegen.
Kl: Ich möchte, daß du dich noch vor mir entschuldigst! Geh auf die
Knie und entschuldige dich bei mir! (Pause) Es fällt ihm alles so schwer.
Damals ist ihm auch nicht schwer gefallen...
Th: Ja, dann sag ihm das!
Kl: Es ist dir die ganzen Jahre auch nicht schwer gefallen wie ich noch klein
war und hilflos war, da ist es dir nicht schwer gefallen! Da dürfte es
dir auch jetzt nicht schwerfallen mal hin zu knien und mich um Entschuldigung
zu bitten! Das ist das Wenigste, das ich erwarten kann, das Wenigste! (Pause)
Er kniet sich vor mir hin. (Pause)
Th: Gut, jetzt denk dir noch mal was aus, was er noch machen kann.
Kl: Ich weiß nicht, er soll sich wenigstens bei mir entschuldigen, das
ist das Wenigste.
Th: Dann sag ihm das!
Kl: Ich kann nicht so, so...(nach Worten suchend)
Th: Das muß aus dir kommen.
Kl: Ich möchte, daß du dich jetzt bei mir entschuldigst, das ist
das Wenigste. was du tun kannst! (Pause)
Th: Er soll dir sagen, daß es ihm leid tut.
Kl: Sag mir bitte, daß es dir leid tut!
Th: Nicht bitte, du hast zu fordern, er hat auch keine Rücksicht auf dich
genommen! So, befehle ihm!
Kl: Sag mir, daß es dir leid tut! (Pause) Ja, er sagts mir! Ich hoffe,
daß es ehrlich gemeint war. Vielleicht komme ich irgendwann einmal auf
dich zurück, daß du es mir beweisen kannst.
Th: Ist die Verwandtschaft rund herum noch da?
Kl: Nein.
Th: Gut! Nimm ihn noch mal mit in den großen Raum, wo du am Anfang warst
(Pause) und er soll sich noch mal vor den ganzen Leuten vor dich hinknien oder
hinlegen und soll sich bei dir laut entschuldigen und sagen, daß es ihm
leid tut. Vor allen als Zeugen! (Pause)
Kl: Geh jetzt noch mal auf die Knie und entschuldige dich vor allen, daß
die alle hören, daß es dir leid tut, was du mir angetan hast! (Pause)
Ja, er entschuldigt sich vor allen noch mal, (Pause) ja, es fällt ihm schwer,
es tut ihm weh. Das ist mir so egal!
Th: Guck dir mal jetzt die Gesichter von deiner Verwandtschaft an. (Pause) Was
ist da, was siehst du? (Pause)
Kl: Es ist sehr.... (ausatmen)...
Th: oder wie fühlst du dich jetzt? Willst du mit ihnen sprechen?
Kl: Nein. Ich denk einfach mal, ich habe so das Gefühl, ich habe nicht
das Gefühl, daß ich mit ihnen sprechen möchte, aber das Gefühl,
daß sie....(Pause)
Th: Ist es so, daß du dich nicht mehr vor ihnen schämen brauchst?
Kl: Ja, das Gefühl habe ich.
Th: Fühle mal in dich rein: War das Gefühl so vorher dein schlechtes
Gewissen, das du mit dir herumgeschleppt hast, dieses Geheimnis mit deinem Vater
das dich davon abgehalten hat, könnte das so stimmen?
Kl: Nein, überhaupt das Geheimnis, das ich das hatte, das hat mit der Verwandtschaft
eigentlich weniger zu tun, aber manchmal habe ich auch das Gefühl gehabt,
sie haben die Augen verschlossen.
Th: Sag denen das jetzt mal! Sag deiner Verwandtschaft: Auch ihr habt die Augen
verschlossen! Guck mal, ob das stimmt. (Pause) Guck mal, ob sie betroffen sind.
Guck ihnen mal in die Gesichter.
Kl: Die sind betroffen....
Th: Sag ihnen das mal! Sags ihnen jetzt direkt: Auch ihr habt die Augen vor
dem verschlossen, was mein Vater mir angetan hat!
Kl: Ihr habt die Augen damals verschlossen, ich hatte immer das Gefühl
irgend jemand muß doch was mitbekommen haben, ihr wolltet alle es nicht
wahr haben, ihr habt alle die Augen verschlossen. Irgendwo habe ich vielleicht
auch mal hier und da um Hilfe gebeten und das hat keiner irgendwie verstanden.
Ich habe mich unverstanden gefühlt, ich habe mich geschämt,
Th: Sag ihnen mal, ihr habt euch auch schuldig gemacht indem ihr eure Augen
verschlossen habt!
Kl: Ihr habt euch auch damals mitschuldig gemacht indem ihr die Augen verschlossen
habt. (schwer atmen)
Th: Und auch sie sollen sich jetzt bei dir entschuldigen dafür. (Pause)
Guck mal, wen du da erkennst. Jeder einzelne soll sich jetzt bei dir entschuldigen.
Guck mal, wer da ist. (Pause)
Kl: Ich kenn da niemand bestimmtes, ich sehe einfach Gesichter aus der Verwandtschaft.
Th: Gut. Dann laß es so erst mal stehen und sag ihnen , sie sollen sich
dafür bei dir entschuldigen, daß sie dir nicht zur Hilfe gekommen
sind, sondern die Augen verschlossen haben.
Kl: Ich möchte, daß ihr euch bei mir entschuldigt dafür, daß
ihr die Augen immer verschlossen habt und nicht gemerkt habt, daß ich
Hilfe gebraucht habe. Dafür möchte ich, daß ihr euch entschuldigt!
Und dafür, daß ihr jahrelang irgendwo immer mich als schwarzes Schaf
der Familie gesehen habt und abstoßend gegen mich wart. Abstoßende
Haltung da irgendwo: als die unverstandene Tochter von den beiden. Weil ihr
keine Ahnung hattet um was es geht. Aber euch überall einmischen wolltet.
Dafür möchte ich, daß ihr euch heute entschuldigt.
Th: Sie sollen jetzt als Zeichen dafür, daß sie sich entschuldigen
auf die Knie gehen.
Kl: Ich möchte, daß ihr auf die Knie geht, alle, alle miteinander
und euch bei mir entschuldigt. Ich finde euch alle irgendwie mitschuldig! (Pause)
Sie gehen auf die Knie, sind sehr betroffen. Das ist mir aber soooo egal! (Pause)
Sie haben manchmal kein gutes Haar an mir gelassen.
Th: Ja, sag ihnen das!
Kl: Ihr habt immer, immer irgendwo mich als die Böse gesehen, als Unverstandene
und habt immer die Fehler bei mir gesucht, aber ihr habt nie kapiert um was
es eigentlich ging, ihr habt nie die Ursache gesehen, als undankbare Tochter
habt ihr mich hingestellt. Alle!
Th: Und jetzt sehen sie das, was die Wahrheit ist, ja? Und jetzt sind sie selber
betroffen.
Kl: Das wenigste, was ich dafür verlange, daß ihr euch entschuldigt.
(Pause) Sie entschuldigen sich bei mir, und sind aber betroffen, denn ich war
oft das Thema bei Feiern wie undankbar ich meinen Eltern gegenüber bin.
Th: Jetzt wissen sie ja die Wahrheit. Guck mal jetzt in diesem Zusammenhang,
wo ist dein Zwerg? Die Angst? Unsicherheit?
Kl: Die Unsicherheit ist im Moment gar nicht mehr da, ich fühle mich sicher
Th: Und der Zwerg? Guck mal den Zwerg an, der vorhin aufgetaucht ist.
Kl: Der Zwerg ist nicht mehr da! Der ist bei dem ganzen Durcheinander... ich
sehe ihn nicht mehr!
Th: Guck mal, wo dein Löwe ist!
Kl: Der ist noch bei mir!
Th: Und dein Schutzengel?
Kl: Der ist auch noch da! Die beiden waren die ganze Zeit bei mir. Deswegen
war ich auch so sicher! Das war gut! (Pause)
Th: Gut, dann würde ich sagen, das ist jetzt im Moment rund! Da sind noch
andere Dinge mit deiner Mutter, aber da gehen wir das nächste Mal dran,
ja? (Kl: zustimmend) Dann geh jetzt ganz in die Anfangsszene: Du gehst die Treppe
runter, du kommst in den Raum, da sind Menschen drin, so wie vorhin, nicht deine
Verwandtschaft sondern irgendwelche Leute, die du zwar kennst, guck mal, wie
fühlst du dich da jetzt? Es sind Menschen, die du so vom Ansehen kennst,
aber ganz neutral. Wie ist das jetzt?
Kl: Ich fühle mich gut!
Th: Ja, jetzt versuch mal auf jemand zugehen, den du kennst, so nur mal vom
sehen, guck mal, ob du den ansprechen kannst oder ob der dich anspricht und
wie du dich dabei fühlst, so small-talk einfach so wie das so üblich
ist.
Kl: Ich kann in den Raum reingehen, ich fühle mich sicher, ich sprech die
Leute an mit Hallo, schönen guten Abend. Ich habe kein Problem mit da rein
zugehen. Ich fühle mich gut.
Th: Gut! (Pause) Dann lassen wir das jetzt so stehen. Du kannst jetzt, wenn
du willst, entweder noch ein bisschen in dem Raum bleiben und dich vielleicht
noch ein bisschen unterhalten, oder du kannst auch auf eine schöne Wiese
gehen, wo du dich wohlfühlst. Ich lasse dich jetzt etwa 5 Minuten allein!
< Hintergrundmusik >Ende der Sitzung
Diese Seite weiter empfehlen! |
Amselweg 1 35649 Bischoffen-Roßbach Tel.: (0 64 44)13 59 + 60 14 Fax.: (0 64 44) 61 36 Umatzsteuer-Identifikations-Nr. 039 832 30246 Zuletzt aktualisiert am: 18-Dez-2002 13:54 made by Kerstin Kellermann |