Selbstheilung mit Synergetik Therapie

Senile Demenz

Der Umgang mit dementen Menschen in der Synergetik Therapie

Therapeut:
Thomas Hantschick
Synergetik Therapeut
Lehrer

Während der letzten Wochen hatte ich Gelegenheit, Prozessarbeit mit einer „verwirrten“ alten Dame zu begleiten. Es handelt sich dabei um meine Schwiegermutter und die Prozessarbeit enwickelte sich aus einer aktuellen Krise, während eines dreiwöchigen Aufenthaltes der Schwiegermutter in unserem Haus. Bislang war ich immer der Meinung gewesen, ich könne mit ihr wegen zu viel Nahe nicht therapeutisch arbeiten, in der aktuellen Situation hatte ich jedoch gefühlsmäßig keine Wahl mehr: In ihrer Verzweiflung und innerlich erlebten Ausweglosigkeit eskalierten ihre aggressiven Ausbrüche gegen meine Frau so sehr, dass ich nicht mehr untätig bleiben konnte. Ich machte darauf aufmerksam, dass ich in ihr ganz viel Wut bemerke, und fragte, wem die denn in Wirklichkeit gelte. So enwickelte sich ein etwa zweieinhalbstündiges Gespräch, immer wieder unterbrochen durch das Auftreten lange unterdrückter Gefühle der Trauer und Einsamkeit, sowie des von Hamer so bezeichneten „Flüchtlingskonfliktes“ („...alles verloren...“) Die Emotionen kamen mit eindrucksvoller Vehemenz und meine Interventionen bestanden vor allem im Unterstützen und Halten in der Konfrontation. Dabei habe ich auch Musik und Geräusche unterstützend eingesetzt.

Die Entlastung nach der ersten Sitzung war nicht nur für meine Schwiegermutter sehr deutlich zu spüren, es gab im Anschluss an die Sitzung Situationen, in denen sie klar und orientiert war, später verlor sich die Klarheit wieder. Ich habe diese Sitzungen darin im Abstand von zwei bis drei Tagen weitergeführt, mit ähnlicher Wirkung. Meine Absicht ist es, mit dieser Prozessarbeit die Möglichkeit zur Lösung, bzw. zum Loslassen (z.T. 60 Jahre) alten Konfliktmaterials zu eröffnen.

Grundsätzlich habe ich ohne Entspannungsphase und ohne Augenbinde gearbeitet. Manchmal, an besonders wichtigen Stellen, habe ich meine Schwiegermutter gebeten, den Kopf anzulehnen, die Augen zu schließen und die gerade aktuelle Bezugsperson anzusprechen.

Ich habe den Eindruck, dass sog. „Demenzpatienten“, egal, welche klinische Diagnose ihnen zugeteilt wurde, quasi in einem Dauerprozess sind. Die Demenz besteht in einem radikal-konsequenten Ausblenden irrelevanten Materials. Das Bewusstsein ist nur mit relevantem (unerlöstem) Konfliktmaterial befasst. Insofern vertrete ich die Hypothese, dass alles, was „da“ ist, wichtig und berechtigt ist. Umgekehrt ist alles, was nicht „da“ ist, auch nicht wichtig. Die Devianz des Verhaltens besteht eigentlich in einem Vermengen von innerer und äußerer Ebene.

Allein schon durch das Einnehmen dieser Sichweise gewinnen wir einen Zugang zu Menschen, die ansonsten von „normaler“ Kommunikation aufgrund ihrer psychischen Situation völlig abgeschnitten sind. Dieser Hilflosigkeit der sog. „Normalen“, mit Menschen in psychischen Extremsituationen zu kommunizieren, wird in der Schulmedizin terminologisch (mit wichtig klingenden aber wenig hilfreichen Diagnosen wie „Morbus Alzheimer“, „Binswanger'sche Enzephalopathie“ etc.) und medikamentös (z.B. mit Haldol®, einem bewährten und gerne verordneten Neuroleptikum, was als Nebenwirkung „ein bißchen Parkinson“ macht), begegnet.

Bei vielen Demenzpatienten ist es zum Beispiel häufig ein Problem, dass sie innerlich stark beunruhigt sind und das dergestalt ausagieren, dass sie „äusserlich“ weglaufen wollen. In solchen Situationen habe ich mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit jetzt nach innen zu gehen, stets Erfolg gehabt: Sofortiger Einstieg in den Prozess ... Strukturell die gleiche Intervention hilft auch, jeden „Ausstiegsversuch“ für eine Prozessvertiefung zu nutzen.

Interessanterweise habe ich in relativen kleinen zeitlichen Zyklen beobachten können, wie sich „konfliktaktiv“ und „Konfliktlösungsphase“ im Hamer'schen Sinne ablösen. Nach heftigen Gefühlsanwallungen waren die Hände warm und blieben es auch eine Weile, spätestens am nächsten Tag waren sie aber wieder kalt. Ich vermute, dass es extrem schwierig ist, 60 Jahre unterdrückte Konflikte vollständig aufzulösen. Möglicherweise trifft das Hamer'sche Modell der chronisch rezidivierenden Konflikterneuerung (nachts im Traum) den Kern der Sache.

Ich bin davon überzeugt, dass diese Art von Arbeit, getragen von Respekt und liebevoller Zuwendung, eine große Hilfe für „verwirrte“ alte Menschen auf dem Weg zum inneren Frieden sein kann.

Thomas Hantschick 1998

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